„Wir können die Brise nicht durch das Fenster lassen, aber wir können zumindest das Fenster öffnen.“ (Krishnamurti)

Wenn wir still werden und nach innen lauschen, dann wissen wir, was gut für uns ist. Wir haben einen inneren Kompass, der uns durch den Dschungel des Lebens führen möchte. Doch übersehen und überhören wir diesen Kompass oft. Und verlaufen uns dann. Wir finden uns immer wieder vor den gleichen Baustellen. In Erschöpfungszuständen, negativen Gedankenmustern und Gedankenkreisen, lieber auf dem Sofa mit Netflix in Kontakt als der inneren Unruhe, Zweifeln und Widerständen oder der unendlichen Traurigkeit auf einem Spaziergang oder in der Yogastunde begegnen.

Wenn wir dann irgendwann doch wach gerüttelt werden und unsere Kompensationsstrategien (z. B. Fernsehen, Handy rauf und runter, Essen, Rauchen, Trinken, Einkaufen, Jammern) nicht mehr greifen, dann wird es nicht unbedingt einfacher. Vielleicht schaffen wir es in die Yogastunde und merken plötzlich wie ungezähmt und wild es eigentlich zugeht in unserem KörperGeistHerz.

Erstmal mag sich das garnicht gut anfühlen. Ich erinnere mich an mein erstes Meditationsretreat, in dem ich den Lehrer über tiefe Stille und Geistesruhe sprechen hörte, während ich mich gedanklich verliebte, Luftschlösser baute (inklusive Parkanlage), heiratete, Kinder bekam, mich wieder trennte, um dann am Abend 10 Stunden auf dem Kissen gesessen zu haben und meinen Atem NICHT gespürt hatte. Und nicht nur das. Je mehr ich mich doch immer wieder auf meinen Atem ausrichtete, die einzelnen Schritte auf der Erde spürte, je ruhiger ich wurde, desto mehr bekam ich von den Unfreundlichkeiten, Abwertungen und Bewertungen in mir mit. Das hatte doch nichts mit Stille zu tun!

(Foto: Zengarten im ToGenJi-Tempel Steyerberg)

Aller Anfang ist schwer. Ohne Achtsamkeit kommen wir aus der Nummer, in der wir drin sind nicht raus. Und es ist gut, wenn wir anfangen uns mitzubekommen! Und zwar mit allem. Mit unserer Angst, mit unserer Verzweiflung, unseren Schmerzen, unserer Wut, unserer Scham, mit allem inklusive! Uns wird vermittelt, dass es besser sei, glücklich zu sein, schlank und gesund als traurig, erschüttert und unser Äusseres so ganz und gar anders als die Instagram-Models.

Wenn du dich mitbekommst in deinem Weh, dann ist das ein Geschenk! Es ist Teil des Erwachens. Es ist alles in Ordnung mit dir!! Du bist nicht alleine! Du bekommst den Schmerz, die Unsicherheiten, Ängste und Sorgen der anderen Menschen nur nicht mit, weil alle ihr bestes tun, um nach aussen zu strahlen und gut auszusehen. Puh! Merkst du, wie anstrengend das ist?

Was für ein Erwachen eigentlich?

Kleine Buddhakunde: Der Buddha erwachte zu ein paar fundamentalen Wahrheiten. Er betonte, dass es keinen Sinn macht, diese Wahrheiten zu glauben, sondern darum, für dich selbst zu schauen, was real ist, was heilsam und was unheilsam ist. Und zwar eben nicht bei Netflix oder YouTube sondern tatsächlich in dir. Handy aus, Tür zu, Augen und Ohnen nach innen richten. Lauschen.

Vier Wahrheiten zu denen Buddha erwachte, nannte er die „Vier edlen Wahrheiten“. Die erste dieser Wahrheiten lautet: Es gibt Leiden, es gehört zum Leben dazu. Hach! Was für eine Erleichterung! Es ist also normal, nichts falsch mit mir! In der zweiten dieser vier edlen Wahrheiten benannte Buddha, die Gründe für unsere Unzufriedenheit. Etwas Haben wollen, etwas ablehnen und die Dinge nicht so sehen, wie sie wirklich sind.

Anmerkung: Das Pali-Wort für „Dukkha“ wird oft als Leiden übersetzt, tatsächlich, kann dies allerdings sehr subtil sein. So ein leichtes Gefühl von „Etwas ist nicht so ganz richtig hier. Etwas könnte noch besser sein.“

In der dritten Wahrheit besagt Buddha, dass es einen Weg aus dem Leiden heraus gibt. Gute Neuigkeit! Diesen Weg, gennant der „Noble achtfache Pfad“, beschreibt er in der vierten Wahrheit.

Die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind! Was heisst das?

Laut Buddha (überprüfe es unbedingt selber!)

  1. Gibt es kein festes, eigenständiges Ich.
  2. Ist alles vergänglich (und deshalb macht es keinen Sinn daran anzuhaften)
  3. Gibt es nichts im Aussen, dass absolute Erfüllung bringt. Anders ausgedrückt: Das Leben ist in sich unbefriedigend.

(Foto: Wald in Steyerberg)

Und jetzt mal zum inneren Schweinehund!

Auch wenn sich der „Noble Achtfache Pfad“ ein kleines bisschen altmodisch anhört, hat Buddha uns da ziemlich praktische Tipps gegeben. Ein wichtiger Aspekt dieses Weges, im Pali „sammā-ditthi“ genannt, ist die angemessene (auch für dich und deine Lebenssituation angemesse) Art des Bemühens, beziehungsweise des Übens. Diesen Weg, den er uns ans Herz legt, um aus dem Dschungel von Illusion, Wollen und Machen und Tun rauszukommen, nannte er auch den mittleren Weg. Und hier bist du gefragt achtsam zu werden, damit du dich in den folgenden, von Buddha benannten Punkten, gut mitbekommst (und dadurch Freude an dem entwickelst, was dir gut tut und gegebenenfalls mit dem Schweinehund gemeinsam zur Yogastunde kommst):

  1. Vermeide unheilsame Geisteszustände! Du weisst, was damit gemeint ist und es braucht hier eigentlich keinen Text von mir. Dennoch ein paar Beispiele: Vermeide das zu konsumieren, was dir nicht gut tut. Führe kein wichtiges Gespräch, wenn du müde bist. Sorge für ausreichend Schlaf, du weisst, was dafür nötig ist. (Früh ins Bett, Kräutertee, ein liebes Buch zum Einschlafen und kein Medienkonsum am Abend.). Sei ehrlich und aufrichtig, grosszügig und sorge dafür, dass andere Menschen sich in deiner Gegenwart sicher fühlen, dann schläfst du auch besser, weil du nicht von Reue gequält wirst. Du kannst dir vorstellen, du hast einen Garten und möchtest vermeiden, dass etwas wächst, was deinen Pflanzen schadet.
  2. Wenn unheilsame Geisteszustände da sind, wie Gier, Hass, Eifersucht, Neid, Selbstabwertung, Vergleichen oder all das, was wir in Gegenwart der Liebsten tun, wenn es uns schlecht geht, dann: Verlasse diese! Ganz einfach. (Naaaajaaa….Manchmal brauchen wir dafür Unterstützung.) Wenn wir achtsam sind, und uns mitbekommen in unseren Mustern, mit denen wir kontrollieren und manipulieren, dann können wir damit aufhören. Wir werden wach, verlassen gegebenenfalls eine Situation, die uns nicht gut tut, gehen in den Wald und schreien den Baum an, statt unsere PartnerInnen, Kinder oder die Chefin. Wir müssen auf den Zug nicht drauf steigen! Wenn anderen lästern oder sich beklagen, dann können wir unser Herz spüren, nah mit uns sein und das fühlen, was es zu fühlen gibt. Steh auf von deinem Sofa und tue, was dir gut tut!!!!!! Es ist wie eine geschlossene Faust, die wir öffnen. Jäte Unkraut in deinem Garten!
  3. Erzeuge heilsame Zustände! Praktiziere Dankbarkeit! Sei grosszügig! Nimm Freude in anderen wahr, in dem du vielleicht die Augen eines Kindes betrachtest! Spüre schon einen Funken von Freude mit deinem ganzen Körper. Bring mal deine Mundwinkel nach oben! Geh spazieren, trinke deinen Tee achtsam, geh oft raus, bewege dich! Wie das „Samen setzen“ in deinem Garten, den du dann ausreichend wässerst. Umgib dich mit Menschen, die dir gut tun.
  4. Wenn heilsame Zustände da sind, kultiviere diese! Geniesse die Früchte in deinem Garten! Richte dich auf das aus, was gut ist und nimm es wahr im Körper. Immer und immer wieder und jedesmal ein bisschen länger!! Nimm wahr, wie gut dir eine Yogastunde tut oder ein Spaziergang!

Erlaube dir schwach zu sein und dich verletzbar zu zeigen. Und such dir Menschen, die dir gut tun. Du darfst dir Unterstützung dazu nehmen. Auch Buddha hat nicht alles alleine gemacht.

Ps. Ich freue mich immer sehr, wenn Menschen meinen YouTube- Kanal abonnieren 🙂

Wenn du mehr über mich und meine Arbeit als Yoga- und Meditationslehrerin erfahren magst, schau gerne auf meine Webseite www.soulteachings.de